6.9 Sachgebiet Gehörschutz

Muss ich den Gehörschutz wirklich verwenden oder tragen?
Ab größer 80 dB(A) muss Gehörschutz vom Unternehmer bereitgestellt und sollte vom Mitarbeiter benutzt werden. Ab 85 dB(A) ist der bereitgestellte Gehörschutz vom Mitarbeiter zu benutzen, was vom Unternehmer kontrolliert werden muss.

Was ist der geeignete Gehörschutz: Stöpsel bzw. Kapseln?
Bezüglich der Schalldämmung sind beide gleichwertig, die Entscheidung sollte nach Verträglichkeit mit anderer PSA, Arbeitsumgebung und Bequemlichkeit getroffen werden.

Welchen Gehörschutz soll ich bezüglich gefährlicher Inhaltsstoffe verwenden?
Bei Problemen sollte der Betriebsarzt oder ermächtigte Arzt befragt werden.

Zahlt die Berufsgenossenschaft zu den Otoplastiken zu?
Die Bereitstellung von PSA wird durch den Unternehmer finanziert. In Ausnahmefällen zahlen einzelne Berufsgenossenschaften Pauschalbeträge.

Muss der Unternehmer die Kosten für Gehörschutzmittel auch in Kleinbetrieben übernehmen?
Die Pflicht zur Bereitstellung von Gehörschutz gilt unabhängig von der Firmengröße (ArbSchG, PSA-BV und DGUV Vorschrift 1 (ex BGV A 1)).

Wo kann ich Gehörschutzmittel regional beziehen?
Hersteller oder Händler sind in den Gelben Seiten bzw. im Internet unter Arbeitsschutzausrüstungen zu finden.

Ab welcher Lautstärke muss Gehörschutz getragen werden?
Gehörschutz ist ab einem Tages-Lärmexpositionspegel von 85 dB(A) bzw. einem Spitzenschalldruckpegel von 137 dB(C) zu benutzen. Für Personen mit bestehendem Innenohrschaden gilt nach TRLV „Lärm“: Gehörschutz ist konsequent ab einem Tages-Lärmexpositionspegel von 80 dB(A) zu tragen.

Wo finde ich den Schalldämmwert der Gehörschutzstöpsel?
(Auf der Packung teilweise unzureichend beschrieben)
Die Kennzeichnung muss auf der kleinsten Verkaufseinheit erfolgen, d.h. nicht jeder Stöpsel ist gekennzeichnet. Da meist hoch- und mittelfrequente Geräusche auftreten, sollte der M-Wert zur Grobauswahl verwendet werden.

Bis zu welchem Lärmpegel kann man Gehörschutzstöpsel verwenden?
Gehörschutzstöpsel können bis zu 115 dB(A) verwendet werden (Herstellerhinweise beachten). Bei höheren Werten sind Kombinationen aus Stöpsel und Kapsel geeignet.

Ist der verwendete Gehörschutz für die Tätigkeit ausreichend?
Zur Auswahl des geeigneten Gehörschutzes gibt es Auswahlprogramme, die auf CD-ROM oder im Internet verfügbar sind. Eine Auswahl kann auch mit der Liste geprüfter Gehörschützer im Anhang II der DGUV Regel 112-194 (ex BGR 194) erfolgen.

Was bringt der Gehörschutz für eine Lärmreduzierung?
Die Pegelminderung kann für Gehörschutzstöpsel 15-32 dB(A) und für Kapselgehörschutz 19-28 dB(A) betragen.

Was mache ich bei kurzzeitiger Lärmeinwirkung?
Verwenden Sie Gehörschutzkapseln oder Bügelstöpsel.

Warum ist eine Prüfung von Gehörschützern auf mögliche gefährliche Inhaltsstoffe sinnvoll?
Durch Zeitschriftenartikel und Fernsehberichte konnte bei den Benutzern der Eindruck entstehen, der Schutz des Gehörs müsse durch ein anderes Gesundheitsrisiko erkauft werden: „Schadstoffe“ in Gehörschutzstöpseln. Viele Beschäftigte in Lärmbereichen wurden so sehr verunsichert, dass sie lieber keine Gehörschützer oder bestimmte Gehörschützer nicht mehr benutzen wollten. Aus dem Kreis der Arbeitsmediziner, in deren Hand die individuelle Betreuung der Gehörschutzbenutzer liegt, sind bisher keine Probleme von Benutzern berichtet worden, die auf „Schadstoffe“ in Gehörschützern zurückzuführen sind. Dennoch sollten Inhaltsstoffe in Gehörschützern, die im Verdacht stehen, negativen Einfluss auf die Gesundheit der Benutzer zu haben, identifiziert und ersetzt oder auf die technisch unbedingt notwendige Konzentration reduziert werden. Damit der Verbraucher diejenigen Produkte auswählen kann, die keine oder nur sehr geringe Konzentrationen an derartigen Inhaltsstoffen aufweisen, sind chemische Prüfungen notwendig.

Wie wurden die Grenzwerte festgelegt?
Auf Initiative des Sachgebietes „Gehörschutz“ im Fachausschuss „Persönliche Schutzausrüstungen“ (FA „PSA“) wurde für bestimmte Inhaltsstoffe ein Ringversuch mit vier Analyselabors durchgeführt, wobei vorgabegemäß auch unterschiedliche Nachweismethoden eingesetzt wurden.

Mit den Erfahrungen der Ringversuche wurden geeignete Analyseverfahren und Qualitätskriterien festgeschrieben. Die Höhe der einzelnen Grenzwerte wurde unter Einbeziehung von Experten des Berufsgenossenschaftlichen Institutes für Arbeitsschutz (BGIA) unter Berücksichtigung des Standes der Technik festgelegt. Dabei flossen Gesichtspunkte der Analytik, des technisch Machbaren und der Toxikologie ein.

Wie werden Inhaltsstoffe über die Haut aufgenommen?
Inhaltsstoffe können beim Tragen der Gehörschützer aus der Kunststoffmatrix herausgelöst, auf die Haut übergehen und von dort in den Körper aufgenommen werden. Die Freisetzung (Migration) von Inhaltsstoffen hängt u. a. davon ab, wie fest die Substanzen mit der Kunststoffmatrix der Gehörschützer verbunden sind. In der Regel wird nur ein kleiner Bruchteil der Inhaltsstoffe aus den Gehörschützern auf die Haut gelangen. Nur diese Mengen können im Hinblick auf ein mögliches Gesundheitsrisiko wirksam werden.

Bedeutet die Einhaltung der angegebenen Grenzwerte nach BG-PRÜFZERT eine gesundheitliche Unbedenklichkeit?
Es ist erklärtes Ziel des BG-PRÜFZERT-Zeichens, die Schadstoffkonzentrationen in Gehörschützern auf ein technisch und toxikologisch vertretbares Maß zu reduzieren. Die Prüfkriterien spiegeln den aktuellen Wissensstand wieder; für gesundheitliche Bedenken gegenüber der Verwendung von  Gehörschützern mit diesem Zeichen gibt es keine Anhaltspunkte. Gesundheitsbasierte Grenzwerte für die Aufnahme von Substanzen über die Haut sind nicht verfügbar. Eine Risikoabschätzung kann daher nur durch einen Vergleich zu existierenden Grenzwerten für eine Schadstoffaufnahme über den Magen-Darm-Trakt oder die Atemwege erfolgen. So werden bei Fragen des vorsorglichen Verbraucherschutzes Risikoabschätzungen auf der Basis so genannter TDI-Werte (Tolerable Daily Intake = duldbare tägliche Aufnahme) vorgenommen.

Die von nationalen und internationalen Organisationen, u. a. der Weltgesundheitsorganisation (WHO), aufgestellten TDI-Werte sind Schätzwerte der täglichen Aufnahmemenge einer Substanz (i. d. R. Lebensmittelkontaminanten), die für den Menschen nach derzeitigem Kenntnisstand auch bei lebenslanger Aufnahme kein nennenswertes Gesundheitsrisiko bergen. TDI-Werte werden im Vergleich zu den in Deutschland geltenden höchstzulässigen Stoffkonzentrationen in der Luft am Arbeitsplatz (Maximale Arbeitsplatzkonzentrationen, MAK) mit höheren Sicherheitsfaktoren abgeleitet, um auch einen Schutz empfindlicher Bevölkerungsgruppen wie Kinder und alten Menschen zu gewährleisten.

Risikoabschätzungen auf der Basis von TDI-Werten wurden u. a. vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und dem ehemaligen Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) für zinnorganische Verbindungen und Weichmacher (Phthalate) aus Bedarfsgegenständen mit Hautkontakt vorgenommen. Eine analoge Modellrechnung unter Berücksichtigung der vom BfR / BgVV angenommenen Migrations- und Hautpenetrationsraten ergäbe selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass die im Rahmen der Produktzertifizierung festgelegte Grenzwertkonzentration von 50 mg Zinn / kg Kunststoff ausschließlich auf die toxikologisch relevantesten Vertreter der zinnorganischen Verbindungen zurückgehen würde, bei üblichen Gebrauchsmengen eines Beschäftigten (Annahme: 2 Paar Ohrstöpsel pro Schicht, Gesamtgewicht: ca. 2 g) keine Überschreitung der relevanten TDI-Werte.

Gleichermaßen wäre im Falle der als Kunststoffweichmacher eingesetzten Phthalate, selbst wenn die gesamte Stoffmenge aus dem Kunststoff bei den festgesetzten Grenzwerten auf die Haut gelangen würde, nicht mit einer Ausschöpfung der verfügbaren TDI-Werte zu rechnen. Legte man für eine Modellrechnung die in Deutschland geltenden Maximalen Arbeitsplatzkonzentrationen in einem durchschnittlichen Atemluftvolumen von 8 m³ pro Schicht zugrunde, resultierten daraus im Vergleich zu TDI-basierten Risikoabschätzungen noch um mindestens ca. eine Größenordnung höhere zulässige Expositionsmengen.
Auf europäischer Ebene ist gesetzlich geregelt, dass als fortpflanzungsgefährdend nach Kategorie 1 oder 2 eingestufte Stoffe in Zubereitungen in Konzentrationen von 0,5 % oder höher nicht an die breite Öffentlichkeit vermarktet werden dürfen. Diese Einstufungskriterien treffen nach einer EG-Richtlinie auf Vertreter der Substanzklasse der Phthalate zu. Durch die vom FA-PSA geforderten zulässigen Höchstkonzentrationen im Gehörschutz werden die gesetzlichen Grenzwerte für Phthalate um den Faktor 5 bzw. im Falle des Di(2-ethylhexyl)phthalats um den Faktor 10 unterschritten.

Als Grenzwerte für die zulässigen Metallgehalte (Blei, Arsen, Antimon) sind die analytischen Bestimmungsgrenzen (25 mg / kg) zugrunde gelegt worden. Antimontrioxid, das als Flammschutzmittel den Gehörschutzkunststoffen zugesetzt wird, kann als Verunreinigung die für den Menschen nachgewiesenermaßen krebserzeugende Verbindung Arsentrioxid enthalten.

Ein Schwellenwert bezüglich der krebserzeugenden Wirkung dieser Verbindung kann nicht angegeben werden. Von Herstellerseite wird der Gehalt an anorganischem Arsen im Antimonoxid mit 0,03% (typ. Gehalt) bis 0,5% (max. Gehalt) angegeben, so dass die Konzentration im Gehörschutz bei einer zulässigen Antimonkonzentration von 25 mg / kg bei maximal 0,0075 bis 0,125 mg / kg liegen dürfte.
Zum Vergleich: In lufttrockenen Kulturböden werden Arsengehalte von 0,1 bis 20 mg / kg gefunden.

Wie erkennt man, dass ein Gehörschützer die Grenzwerte bezüglich Inhaltsstoffe nach BGPRÜFZERT einhält?
Gehörschützer, die die vom FA-PSA geforderten zulässigen Höchstkonzentrationen einhalten, erhalten ein „BG-PRÜFZERT“-Zeichen für ihren geringen Schadstoffgehalt. Listen dieser Gehörschützer, denen das „BG-PRÜFZERT“-Zeichen verliehen wurde, werden demnächst in verschiedenen Publikationsorganen (z. B. Mitgliedszeitschriften der BGen) veröffentlicht.

Sind geprüfte Gehörschützer teurer als nicht geprüfte Gehörschützer?
Die Preise sollten Sie in Ihrem konkreten Fall bei den Herstellern erfragen.

Dürfen nur noch auf Inhaltsstoffe geprüfte Gehörschützer verwendet werden?
Nein. Das Zeichen ist freiwillig und dokumentiert den Stand der Technik. Es dürfen alle mit „CE“ gekennzeichneten Gehörschützer verwendet werden. Legt der Benutzer aber besonderen Wert auf schadstoffarme Produkte, sollte er Gehörschützer mit dem hierfür vorgesehenen „BG-PRÜFZERT“-Zeichen verwenden.

Entsprechen Gehörschützer trotz verminderter Schalldämmung in der Praxis den festgelegten Anforderungen der europäischen Richtlinie 89/686/EWG (Herstellerrichtlinie)?
Die Baumusterprüfung nach Richtlinie 89/686/EWG ermittelt unter Idealbedingung die maximal mögliche Schalldämmung eines Produkts. Der reduzierten Praxisschalldämmung wird durch den Praxisabschlag Ks je nach Gehörschutztyp Rechnung getragen. Dabei handelt es sich um ein Benutzungsproblem und fällt in den Geltungsbereich der PSA-Benutzerrichtlinie 89/656/EWG. Praxisabschläge müssen für alle Arten von Gehörschützern berücksichtigt werden.

Es sind folgende Praxisabschläge anzuwenden:

  • vor Gebrauch zu formende Gehörschutzstöpsel Ks = 9 dB,
  • mehrfach verwendbare Gehörschutzstöpsel Ks = 5 dB,
  • Bügelstöpsel Ks = 5 dB,
  • Gehörschutzkapseln Ks = 5 dB,
  • Otoplastiken mit Funktionskontrolle* Ks = 3 dB.

Bei Extremsituationen mit Verwendung von Kombinationen aus Stöpseln und Kapseln ist je nach Stöpselart ein Wert von Ks = 9 dB bzw. 5 dB anzunehmen.

*Funktionskontrolle bei der Auslieferung und danach regelmäßig im Abstand von maximal zwei Jahren.

Ist für alle Gehörschutz-Otoplastiken eine Funktionskontrolle notwendig?
Nach den Technischen Regeln zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung TRLV Lärm Teil 3, Kap. 6.2.3, müssen alle Gehörschutz-Otoplastiken sowohl bei der Auslieferung als auch regelmäßig wiederkehrend mindestens alle zwei Jahre durch eine Funktionskontrolle überprüft werden. Nur so kann die Schutzwirkung gesichert werden, weil damit Leckagen durch falsche Passform entdeckt werden.

Die Prüfung bei der Auslieferung liegt in der Verantwortung des Herstellers (Inhaber der Baumusterprüfbescheinigung), da dieser nach der PSA-Richtlinie 89/686/EWG nur Produkte mit ausreichender Schutzwirkung in den Verkehr bringen darf.
Für die wiederkehrenden Funktionskontrollen ist der Unternehmer verantwortlich, der nach §8 der LärmVibrationsArbSchV den Zustand des Gehörschutzes regelmäßig prüfen muss.

Diese Regelung ist auch auf Produkte anzuwenden, die schon in Benutzung sind. Bei ihnen ist zeitnah eine Funktionskontrolle durch den Unternehmer zu veranlassen.

Anwendbar sind akustische Prüfungen oder Druckmessungen der im Gehörgang getragenen Otoplastik.

Detaillierte Regelungen der Unfallversicherungsträger finden sich in der Präventionsleitlinie „Einsatz von Gehörschutz-Otoplastiken“ des FA PSA.